Ich freue mich, dass ich heute einen Gastartikel von Miss Minze veröffentlichen zu dürfen. Auf ihrem Gartenblog Miss Minze schreibt sie über „Gärtnern in Zeiten des Klimawandels“. Schaut doch mal vorbei.
Wann habe ich zuletzt einen Igel gesehen? -Es muss Jahre her sein, da trippelte mal einer über die Straße und – keine Sorge! – er schaffte es ans Ziel.
In meinen Garten hat es allerdings noch keinen Igel verschlagen. Dabei habe ich ihn ganz und gar naturnah gestaltet. Mehr aus Faulheit als auf Grund gärtnerischen Weitblicks schichte ich Äste auf und lasse sie verrotten. Auch das Herbstlaub harke ich lediglich auf die Beete, statt es zu sammeln und entsorgen zu lassen.
Einen Teil meines Gartens lasse ich sogar gänzlich unberührt. Hier können Kiefern, Ahorn und Robinien gedeihen, wie es vor der Bebauung des Grundstücks üblich war. Dazwischen wachsen Sträucher, die ich oft nicht einmal dem Namen nach kenne. Versteckmöglichkeiten für Kleintiere gibt es also genug. Da der Igel gern unter Hecken, in Erdmulden oder in Reisighaufen überwintert, wähnte ich meinen Garten als perfektes Zuhause für den Igel.
Woran mangelt es dem Igel also, wenn er sich trotzdem nicht blicken lässt? Warum ist das Tier in meinem Wohnort selten geworden?
1. Es findet sich kaum ein sicherer Rückzugsort mehr für den Igel
Womöglich fehlt es ihm an Sicherheit? -Auf nahezu jedem Grundstück hier laufen Katzen und Hunde herum. Auch ich habe einen Hund, der vor allem bei gutem Wetter gerne im Garten spielt und dabei jedes noch so gute Versteck erkundet. Zwar sind weder Hunde noch Katzen dem Igel gegenüber feindlich gesinnt, doch die Konfrontation mit unseren Haustieren kann dem Igel trotzdem schaden.
Wenn Hunde das Nest des Igels zerstören, zieht er für gewöhnlich von dannen und sucht sich woanders einen neuen Unterschlupf. Weitaus schlimmer wirkt es sich auf den Igel aus, wenn er während seines Winterschlafs von einem Hund gestört, ja vielleicht sogar aus seinem Nest herausgeholt wird! Dann nämlich könnte er auf Grund seiner Bewegungsunfähigkeit erfrieren.
Igelschützer empfehlen deshalb, Hunde wenigstens in den Monaten Juli bis November nicht unkontrolliert durch den Garten streifen zu lassen. Zudem kann man dem Hund beibringen, sich dem Igel nicht zu nähern oder das Kleintier bestenfalls zu ignorieren.
Findet man dennoch einen geschwächten Igel, kann man ihn mit Katzenfutter (mit hohem Fleischanteil), Rührei oder Nüssen zufüttern. Schließlich ist das Nahrungsangebot in den Wintermonaten oft rar.
2. Sein Lebensraum schrumpft schon seit Jahren
Hierzulande fehlen Daten darüber, ob die Igelpolulation tatsächlich zurückgeht, und wenn ja, wie stark. Orientiert man sich jedoch an Ländern wie Frankreich und Großbritannien, die schon seit Längerem Statistiken über die Anzahl von Igeln führen, kann man davon ausgehen, dass die Bestände auch in Deutschland sinken.
Dabei zählt der Igel zu den ältesten noch lebenden Säugetieren auf der Erde. Seit fast 60 Millionen Jahren passt er sich an die wechselnden Umweltbedingungen an. Doch mit dem Verlust seines natürlichen Lebensraumes kommt er offenbar nur schwer zurecht.
Der Braunbrustigel lebt am liebsten in offenen Landschaften mit Hecken und Büschen. Doch die Ausbreitung von Monokulturen und menschlichen Siedlungen sowie der Einsatz von Insektiziden verdrängen die Igel aus den für sie typischen Hügellandschaften, Wiesen und Feldern.
Als Kulturfolger hat der Igel in Gärten und Grünanlagen zwar ein neues Zuhause gefunden, doch auch diese werden für das Kleintier immer unattraktiver. Ist der Rasen kurz gemäht, das Laub aufgesaugt oder in Plastiksäcken verstaut, Zweige und Äste verbrannt, findet der Igel kaum noch Unterschlupf, geschweige denn Nahrung.
3. Auch das Nahrungsangebot geht zurück
Schnecken, Spinnen und Insekten gehören zu seiner Leibspeise. Auch Engerlinge, Larven und Regenwürmer stehen auf dem Speiseplan des Igels.
Gärtner brauchen sich übrigens keine Sorgen um ihre Nutzpflanzen zu machen, denn der Igel frisst weder Obst noch Gemüse!
Mangelt es im Garten allerdings an Humus, Bäumen und Blühpflanzen, finden die genannten Insekten keine Nahrung und bleiben fern. Die zunehmenden Dürreperioden tun ihr Übriges. Schließlich braucht auch der Igel hin und wieder Wasser. Für das Kleintier gibt es folglich viele Gründe, um weiterzuziehen. Um dem Igel den Umzug zu erleichtern, sollten Grundstücke lieber mit durchlässigen Zäunen umfriedet werden als mit Maschendrahtzäunen oder Mauern.
Tier des Jahres 2024: Der Igel
Wer sich jetzt fragt, wohin der Igel migriert, wenn er seinen einstigen Lebensraum verlässt: Er findet in unseren Städten Zuflucht! Dort kann das Tier auf ein besseres Nahrungsangebot – bestehend aus Speiseresten und Katzenfutter – zurückgreifen. Zwar halten sich die “Stadt-Igel” tagsüber in privaten Gärten auf, nachts durchstreifen sie allerdings Parks und Grünanlagen. Auch wenn ihre Reviere hier kleiner sind als auf dem Land, kommen die Igel zurecht, denn glücklicherweise sind sie anpassungsfähig. Inzwischen gibt es Schätzungen zufolge in Städten bis zu neunmal so viele Igel wie auf dem Land!
Trotzdem steht der Braunbrustigel bereits auf der Vorwarnliste zur Roten Liste der gefährdeten Säugetiere. Um auf seine missliche Lage aufmerksam zu machen, hat die Deutsche Wildtier Stiftung den Igel folglich zum Tier des Jahres 2024 gewählt. Bleibt zu hoffen, dass sich der Igel-Bestand bald wieder erholt. Immerhin hält das Tier die Schädlinge im Garten in Schach! Der Igel ist also ausgesprochen nützlich.